er Triumphzug Kaiser Maximilians ist ein kunsthistorisches Monument der Superlative: Mit einem über 50 Meter langen Bilderfries gab Kaiser Maximilian I. um 1510 ein Projekt in Auftrag, das alle bisherigen in den Schatten stellte.
ReRenaissance nimmt das kolossale Bilddokument zum Anlass für das erste Biennale-Festival: An drei aufeinanderfolgenden Tagen, vom 22. bis 24. September, präsentieren mehr als 50 Expert:innen in einer einzigartigen Gesamtschau die Musik rund um den kaiserlichen Hof.
22.09.2023 | 19:30 | Maximilians Lieder | Barfüsserkirche | Ensemble Leones | Marc Lewon |
23.09.2023 | 15:00 | Kurzweyl | Martinskirche | Phaedrus Gesang, Traversi und Perkussion | Mara Winter |
23.09.2023 | 19:30 | Triumphzug | Martinskirche | ReRen Galaorchester | Marc Lewon |
24.09.2023 | 11:00 | Cantorey | Martinskirche | ReRen-Grosskantorei | Grace Newcombe |
24.09.2023 | 17:00 | Pfiffer & Prosoner | Barfüsserkirche | I Fedeli | C. Motuz(Josué Mendélez |
Musik war in der Staatsauffassung Maximilians allgegenwärtig, sie prägte das höfische Leben als hörbare Repräsentation der kaiserlichen Herrlichkeit auf allen Ebenen, im öffentlichen wie im privaten Rahmen. Durch Notendrucke gelangten viele Stücke über den Hof Maximilians hinaus in die Wohnstuben der Bürger:innen.
So ist es nicht verwunderlich, dass der Darstellung der Hofkapelle Maximilians im «Triumphzug» eine zentrale Bedeutung zukam. Für das Bildprogramm beauftragte er die damals besten Künstler des deutschsprachigen Raums: Hans Burgkmair, Albrecht Altdorfer und Albrecht Dürer.
Im facettenreiche Programm sind verschiedenste Formationen zu hören: vom Tastensolo auf Maximilians «Apfelregal», dem «Schwytzer Duo» mit Traversflöte und Trommel bis zu bekannten Ensembles wie Leones, I Fideli und Phaedrus. Mehr noch: ReRenaissance nutzt die einmalige Chance, die Musiker:innen der Renaissancemusik-Hochburg Basel zu vereinen und in national wie international unerhörten Dimensionen zusammenzuführen: Für die Galakonzerte in der Martinskirche am Samstagabend und am Sonntagmorgen werden jeweils über 30 Musiker:innen zu einem grossen Orchester vereint.
Last but not least werden im Rahmenprogramm Koryphäen des Fachs in Vorträgen und Podiumsdiskussionen – jeweils kombiniert mit Kurzkonzerten – das Thema beleuchten.
Das Projekt
Im Zentrum steht Musik rund um Maximilians Hof: An drei aufeinanderfolgenden Tagen spielen bekannte Basler Ensembles für Frühe Musik: das Ensemble Leones (Leitung: Marc Lewon), I Fideli (Leitung: Catherine Motuz & Josué Mélendez) und Phaedrus (Leitung: Mara Winter). Sie werden vereint für die grossbesetzten Konzerte Samstag-Abend und Sonntag-Matinee ergänzt mit Basler Spezialist:innen und Kinderstimmen, so dass die Musik in bisher in der Praxis nur selten zu erlebender monumentaler Grösse erklingen kann.
Zwar sind keine Partituren direkt von Maximilians Hofkapelle erhalten, aber zahlreiche Musikhandschriften der Zeit um 1500 und die Lieddrucke des frühen 16. Jahrhunderts sind indirekte Zeugen für das reichhaltige Musikschaffen dieser Hofkapelle.
Die Ensemblebesetzungen werden dabei so ausgewählt, dass ganz verschiedene Bereiche der Hofmusik zum Leben erweckt werden: die intimen Klänge von Laute, Harfe und Gamben begleiten die neuen Tenorlieder, die unter Maximilian zu wunderbarer Blüte gelangten; die lauten Bläser:innen spielen Motetten und neueste Instrumentalmusik der Zeit kunstvoll auf Posaunen und Zinken; und die Sänger:innen breiten ihre prächtige Polyphonie aus.
Parallel zu den Hauptkonzerten rund um Maximilians Hofkapelle sind sind «Mittagskonzerte» von jungen Ensembles geplant. Verschiedenste Facetten werden beleuchtet. So tritt z. B. ein «Schweizer Paar» aus Traversflöte und Trommel auf, das auch zum Tanz aufspielt und am Hof Maximilians die Maskenbälle begleitete.
Verschiedene Rahmenveranstaltungen nehmen den Dialog auf mit dem musikalischen Angebot und beleuchten kunstgeschichtliche und historische Aspekte, auch besonders solche der Stadt Basel. Nicole Schwindt, Wien, Jan Missfelder, Martin Kirnbauer, Axel Gampp und Christine von Wedel etc. ).
Die Musik als Repräsentation der Macht
Der Darstellung von Musik kam dabei eine zentrale Rolle zu, denn als hörbare Repräsentation des kaiserlichen Anspruchs prägte sie das Leben am Hof auf allen Ebenen, im öffentlichen wie im privaten Rahmen: sei es, dass die Ankunft des Herrschers oder seiner Vertreter durch Pauken und Trompeten angekündigt wurde, dass die Alta Capella mit Schalmeien und Posaunen zum Staatsball aufspielte, oder der Hofstaat im kleinen Rahmen zu Einhandflöte und Trommel tanzte; sei es dass die Sänger der Kapelle eine feierliche, polyphone Messe im Dom mit Orgel zelebrierten, oder im «Frauenzimmer» der Königin deutsche Lieder mehrstimmig zur Laute gesungen wurden.
Musik war in Maximilians Staatsvorstellung omnipräsent und trug auch in Abwesenheit des Kaisers zu dessen Ruhm und Ehre bei. Mit den aufkommenden Lieddrucken drangen die Lieder seines Hofes gar bis in die Wohnstuben der Bürger ein. Und obwohl Maximilians Selbstbild noch ganz von mittelalterlichen Vorstellungen des edlen Rittertums in schon fast romantischer Verklärung verhaftet war, bediente er sich der modernsten Mittel seiner Zeit für dessen Verbreitung: er setzte mit dem Buchdruck auf die neueste Technologie, um seine Botschaft möglichst breit zu streuen, nicht nur mit seinem «Triumphzug», sondern auch mit den meisten seiner übrigen «gedechtnus»-Werke – heute würde man vielleicht sagen: Influencer-Kampagnen.
Instrumente und Musiker der Renaissance in Hülle und Fülle
Musik als Vermittlung von Macht … So verwundert es nicht, dass der Präsentation von Maximilians Hofkapelle im Triumphzug eine zentrale Rolle zukam: Im vorderen Viertel des Triumphzugs sind mehrere vollbesetzte und von Tieren gezogene Wagen der Präsentation seiner Kapelle vorbehalten, darunter ein Lauten- und Gambenconsort, Harfe, Orgelpositiv, Krummhörner, Zink und Schalmei, Einhandflöte und Trommel und natürlich die Kapelle mit ihren Sängern und Knaben.
Es folgen Mitglieder verschiedener lauter «Alta Capella»-Besetzungen hoch zu Ross, was ihren hohen Status unterstreicht: berittene Pauker und Trompeter, Posaunisten und Schalmeispieler.
Auch die ganz Grossen ihrer Zeit wurden dabei porträtiert: Heinrich Isaac, der grosse Hofkomponist Maximilians, der Organist und Komponist Paul Hofhaimer (Abbildung oben, links, am Organetto), der Zinkenist Augustin Schubinger und der Hoflautenist Albrecht Morhanns, genannt Artus, zusammen mit dem zu dieser Zeit noch jungen Adolf Blindhamer, den Albrecht Dürer später zu den besten der Lautenisten zählen sollte. Ganz besonders interessant: Das berühmte goldene «Apfelregal» Maximilians des Grossen aus dem Niederösterreichischen Landesmuseum wir in Basel zu Gast sein.
Selbst ein Sohn der Stadt Basel, der Sänger und Komponist Ludwig Senfl, war schon mit dabei, sollte seinen grossen Durchbruch aber erst in den Jahren nach Maximilians Herrschaft haben.
Gemäss Plan sollte ein Fries von 200 Drucken aneinandergereiht sein Hofstatt in all seiner Pracht darstellen – eine Machtdemonstration, die nach aussen wie nach innen wirken sollte, um die Herrschaft der Dynastie über einen Vielvölkerstaat zu festigen und auszubauen. Für das Bildprogramm wurden die besten Künstler im deutschsprachigen Raum dieser Zeit hinzugezogen: Hans Burgkmair erstellte Plan und Skizzen und zu den Ausführenden zählte neben dem Maler und Holzschneider Albrecht Altdorfer sogar Albrecht Dürer.
Prof. Dr. Marc Lewon
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Reithalle
Wenkenhof Riehen
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Schmiedenhof Rümelinsplatz Basel
Martinskirche Basel
Martinskirche
Barfüsser- oder Martinskirche Basel
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Barfüsserkirche Historisches Museum Basel