er Triumphzug Kaiser Maximilians ist ein kunsthistorisches Monument der Superlative: Mit dem riesigen Bilderfries gab Maximilian um 1510 ein Projekt in Auftrag, das alle bisherigen in den Schatten stellte. ReRenaissance nimmt das Bilddokument zum Anlass für das erste Biennale-Festival: An drei aufeinanderfolgenden Tagen, vom 22. bis 24. September, präsentieren mehr als 50 Musiker:innen in einer einzigartigen Gesamtschau die Musik rund um den kaiserlichen Hof.
Tickets hier oder bei Bider und Tanner Basel
Musiker:innen
Verschiedenste Formationen beleuchten unerhörte Facetten der Musik: vom Tastensolo auf Maximilians goldenem «Apfelregal», dem «Schwytzer Duo» mit Traversflöte und Trommel bis zu bekannten Ensembles wie Leones, I Fedeli und Phaedrus. Mehr noch: ReRenaissance nutzt die einmalige Chance, die Musiker:innen der Renaissancemusik-Hochburg Basel zu vereinen und in national wie international unerhörten Dimensionen zusammenzuführen: Für das Galakonzert in der Martinskirche am Samstagabend werden an die 30 Musiker:innen zu einem grossen Orchester vereint. Am selben Ort wird am Sonntag um 11 Uhr die Vokalgruppe von ReRenaissance zusammen mit dem Organisten David Blunden eine Messe von Heinrich Isaac zelebrieren.
1 Maximilians Lieder 22.9. 19:30
Barfüsserkirche Ensemble Leones
2 Le Diamante et la Marguerite 23.9. 14:30
Schmiedenhof Ensemble Phaedrus
3 Der Triumphzug 23.9. 19:30
Martinskirche Galakonzert
4 Mit Maximilian in die Messe 24.9. 11:00
Martinskirche Messe von Heinrich Isaac
5 Pfyffer & Prosoner 24.9. 17:00
Martinskirche; Musik von Ludwig Senfl (aus Basel stammend); Ensemble I Fedeli
Kurzweyl-Konzerte
Schmiedenhof und Martinskirche; Nachwuchsensembles Contre le Temps, Rubens Rosa und Parlamento
Rahmenprogramm Szene Basel
Rahmenprogramm Hintergrund
Musik, das Influencermittel für höfische Gesellschaft und Fürstentümer
Musik war in der Staatsauffassung Maximilians allgegenwärtig, sie prägte das höfische Leben als hörbare Repräsentation der kaiserlichen Herrlichkeit auf allen Ebenen, im öffentlichen wie im privaten Rahmen. Durch Notendrucke gelangten viele Stücke über den Hof Maximilians hinaus in die Wohnstuben der Bürger:innen. Die Verwendung der Deutschen Sprache in den Liedern half ebenfalls, das Reich zusammenzuhalten. So ist es nicht verwunderlich, dass der Darstellung der Hofkapelle Maximilians im «Triumphzug» eine zentrale Bedeutung zukam. Für das Bildprogramm beauftragte er die damals besten Künstler des deutschsprachigen Raums: Hans Burgkmair, Albrecht Altdorfer und Albrecht Dürer.
Plan
Festivalpässe; Tickets, Anmeldungen
https://reren.ch
Festivalteam: Liza Sommers, Violine, Konzertcrew, Xenia Lemberski, Redaktion, Theresa von Bibra, interne Kommunikation, HR, Vivianne Caragea, Social Media, Koncertcrew © Elisabeth Stähelin
Maximilian beim Twittern © Albrecht Dürer und ReRen LS
Der Triumphzug Kaiser Maximilians ist ein kunsthistorisches Monument der Superlative. – Mit dabei: Wagen mit Musikern in Hülle und Fülle. Mehr als 50 Musiker:innen präsentieren in einer einzigartigen Gesamtschau die Musik rund um den kaiserlichen Hof.
Einführung ins Festivalprogramm mit Marc Lewon. Leones, Phaedrus, I Fedeli, Contre le Temps, Rubens Rosa, Parlamento, In Cytharis. Video/editing Andrew Burn. Produktion: Holly Scarborough; ReRenaissance.
Deutsche Untertitel in YouTube einstellbar.
Ich bin dabei!
von DAVID FALLOWS
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Kaiser Maximilian von Historikern als eine geradezu bemitleidenswerte Kreatur angesehen wurde – eigentlich wie eine Art Putin des 16. Jahrhunderts: Ständig begann er neue Kriege, die er sich nicht leisten konnte, ständig versuchte er, seine Ländereien zu vergrössern, immer wieder einer früheren Zeit nachtrauernd, in der alles besser schien. Und diese Eitelkeit! Das vielleicht markanteste Fallbeispiel dafür ist sein Theuerdank, ein umfangreiches Epos, vermutlich von einem Ghostwriter verfasst, aber mit einer eigens nur hierfür entworfenen Drucktype und privat in einer Auflage von lediglich vierzig Exemplaren auf Pergament gedruckt wurde – mit einem Holzschnitt vor jedem der 118 Kapitel: der Inbegriff des «Vanity Publishing» (Selbstveröffentlichung auf eigene Kosten).
In den vergangenen fünfzig Jahren hingegen wurde seinem Vermächtnis freundlicher begegnet: Man begann, ihn als einen der fleissigsten Herrscher aller Zeiten zu sehen, als den bei weitem begabtesten militärischen Befehlshaber seiner Zeit. Und vor allem wird sein grosses Mäzenatentum in der Kunst hervorgehoben. Er bestellte jene gewaltigen Druckzyklen: den Triumphbogen mit 192 Holzschnitten, den Triumphzug mit 137 Holzschnitten und 54 Metern Länge, unter der Leitung der Künstler Dürer, Altdorfer und Burgkmair. Er gab auch enorme Mengen an Literatur in Auftrag, die zumeist seiner eigenen Lobpreisung diente (so wie die Holzschnittserien). Und er gab Philosophen und Humanisten prominente Positionen an seinem Hof.
Ausserdem hatte er natürlich seine Musiker, unter ihnen Isaac, Senfl und Hofhaimer. Wie viel von Senfls und Hofhaimers Musik aus ihrer Zeit bei Maximilian stammt, ist schwer einzuschätzen: beide hatten erfolgreiche Karrieren, die weit über Maximilians Tod im Jahr 1519 hinausreichten; und die überlieferten Quellen für beide Komponisten sind vor diesem Jahr nur spärlich. Soweit ich sehen kann, sind höchstens sechs von Senfls Liedern in Quellen vor 1519 zu finden, während mehr als die Hälfte von Hofhaimers Liedern schon zu finden sind. Aber wir können ziemlich sicher sein, dass die meisten von Isaacs rund dreissig deutschen Liedern das Ergebnis seiner Zeit bei Maximilian waren (obwohl er eigentlich in Florenz lebte). Was der Beurteilung von Maximilians Musik vielleicht am meisten geschadet hat, ist die jüngste grundlegende Umdatierung mehrerer Chorbücher (zusammengefasst von Birgit Lodes 2004), wobei sich Handschriften, von denen man bisher annahm, dass sie für seine Kapelle bestimmt waren, nun als für die Kapelle Wilhelms IV. von Bayern in den 1520er Jahren herausstellen.
Es gibt also viele Fragen und provokante Standpunkte. Deshalb ist es so gut, dass es nicht nur viele Konzerte gibt, sondern auch Vorträge und Diskussionen von einigen der führenden Köpfe auf diesem Gebiet. Dieses Festival könnte durchaus einen Wendepunkt darstellen.
Übersetzung: Marc Lewon
Zum Programm
Im Zentrum steht Musik rund um Maximilians Hof: Zwar sind keine Partituren direkt von Maximilians Hofkapelle erhalten, aber zahlreiche Musikhandschriften der Zeit um 1500 und die Lieddrucke des frühen 16. Jahrhunderts sind indirekte Zeugen für das reichhaltige Musikschaffen dieser Hofkapelle.
Die Ensemblebesetzungen werden dabei so ausgewählt, dass ganz verschiedene Bereiche der Hofmusik zum Leben erweckt werden: die intimen Klänge von Laute, Harfe und Gamben begleiten die neuen Tenorlieder, die unter Maximilian zu wunderbarer Blüte gelangten; die lauten Bläser:innen spielen Motetten und neueste Instrumentalmusik der Zeit kunstvoll auf Posaunen und Zinken; und die Sänger:innen breiten ihre prächtige Polyphonie aus.
Basler Ensembles für Frühe Musik wirken dafür zusammen: die Ensembles Leones (Leitung: Marc Lewon), I Fedeli (Leitung: Catherine Motuz & Josué Meléndez) und Phaedrus (Leitung: Mara Winter). Aber nicht nur das: Sie vereinen sich mit ReRenaissance für das grossbesetzte Galakonzert am Samstag-Abend zu einem Orchester monumentaler Grösse – etwas, was bisher in der Praxis hier und international quasi nie verwirklicht werden konnte.
Neben den fünf Hauptkonzerten rund um Maximilians Hofkapelle treten in den «Kurzweyl»-Programmen junge professionelle Gruppierungen auf. Die Ensembles Contre le temps und Rubens Rosa umrahmen dabei am Samstag im Schmiedenhof einen Vortrag von Prof. Jan Missfelder zu Stimme und Macht. Das aufstrebende Ensemble Parlamento mit der viel versprechenden jungen Geigerin Elizabeth Sommers präsentiert ein Programm um das Ambraser Heldenbuch der Nibelungen. Das Harfe-Laute-Duo Cytharis wird mit unerhörten Klängen im Hohen Dolder den Roundtable eröffnen. Das Schwytzerpaar mit Traversflöte und Trommel wird am Samstag-Nachmittag draussen auf dem Münsterplatz ein historisches Schwertspieler-Duo bei ihren Kampfchoreographien begleiten.
Ganz besonders interessant: Das berühmte goldene «Apfelregal» Maximilians des Grossen aus dem Niederösterreichischen Landesmuseum wird in Basel zu Gast sein. Christian Kögler (Kögler-Orgelbau, Österreich) wird es nach Basel bringen und dem Publikum am Sonntag nach dem Konzert in der Martinskirche dazu Rede und Antwort stehen.
Die Musik als Repräsentation der Macht
Der Darstellung von Musik kam eine zentrale Rolle zu, denn als hörbare Repräsentation des kaiserlichen Anspruchs prägte sie das Leben am Hof auf allen Ebenen, im öffentlichen wie im privaten Rahmen: sei es, dass die Ankunft des Herrschers oder seiner Vertreter durch Pauken und Trompeten angekündigt wurde, dass die Alta Cappella mit Schalmeien und Posaunen zum Staatsball aufspielte, oder der Hofstaat im kleinen Rahmen zu Einhandflöte und Trommel tanzte; sei es dass die Sänger der Kapelle eine feierliche, polyphone Messe im Dom mit Orgel zelebrierten, oder im «Frauenzimmer» der Königin deutsche Lieder mehrstimmig zur Laute gesungen wurden.
Musik war in Maximilians Staatsvorstellung omnipräsent und trug auch in Abwesenheit des Kaisers zu dessen Ruhm und Ehre bei. Mit den aufkommenden Lieddrucken drangen die Lieder seines Hofes gar bis in die Wohnstuben der Bürger ein. Und obwohl Maximilians Selbstbild noch ganz von mittelalterlichen Vorstellungen des edlen Rittertums in schon fast romantischer Verklärung verhaftet war, bediente er sich der modernsten Mittel seiner Zeit für dessen Verbreitung: er setzte mit dem Buchdruck auf die neueste Technologie, um seine Botschaft möglichst breit zu streuen, nicht nur mit seinem «Triumphzug», sondern auch mit den meisten seiner übrigen «gedechtnus»-Werke – heute würde man vielleicht sagen: Influencer-Kampagnen.
Instrumente und Musiker der Renaissance in Hülle und Fülle
Musik als Vermittlung von Macht … So verwundert es nicht, dass der Präsentation von Maximilians Hofkapelle im Triumphzug eine zentrale Rolle zukam: Im vorderen Viertel des Triumphzugs sind mehrere vollbesetzte und von Tieren gezogene Wagen der Präsentation seiner Kapelle vorbehalten, darunter ein Lauten- und Gambenconsort, Harfe, Orgelpositiv, Krummhörner, Zink und Schalmei, Einhandflöte und Trommel und nicht zuletzt die Kapelle mit ihren Sängern und Knaben. Es folgen Mitglieder verschiedener lauter «Alta Cappella»-Besetzungen hoch zu Ross, was ihren hohen Status unterstreicht: berittene Pauker und Trompeter, Posaunisten und Schalmeispieler.
Auch die ganz Grossen ihrer Zeit wurden dabei porträtiert: Heinrich Isaac (Konzert am sonntag 24.9. 11 Uhr), der grosse Hofkomponist Maximilians, der Organist und Komponist Paul Hofhaimer am Organetto, der Zinkenist Augustin Schubinger und der Hoflautenist Albrecht Morhanns, genannt Artus, zusammen mit dem zu dieser Zeit noch jungen Adolf Blindhamer, den Albrecht Dürer später zu den besten der Lautenisten zählen sollte.
Selbst ein Sohn der Stadt Basel, der Sänger und Komponist Ludwig Senfl, war schon mit dabei, sollte seinen grossen Durchbruch aber erst in den Jahren nach Maximilians Herrschaft haben (Siehe Konzert am Sonntag, den 24.9. um 17 Uhr)
Gemäss Plan sollte ein Fries von 200 Drucken aneinandergereiht sein Hofstatt in all seiner Pracht darstellen – eine Machtdemonstration, die nach aussen wie nach innen wirken sollte, um die Herrschaft der Dynastie über einen Vielvölkerstaat zu festigen und auszubauen. Für das Bildprogramm wurden die besten Künstler im deutschsprachigen Raum dieser Zeit hinzugezogen: Hans Burgkmair erstellte Plan und Skizzen und zu den Ausführenden zählte neben dem Maler und Holzschneider Albrecht Altdorfer sogar Albrecht Dürer.
Prof. Dr. Marc Lewon
Fribourg
Eglise des Capucins
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Stiftskirche
Schönenwerd SO
Stadt Bern
Burgerbibliothek
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Barfüsserkriche
Historisches Museum Basel
Karthäuserkirche
Basel
Barfüsserkriche
Historisches Museum Basel