m 16. und 17. Jahrhundert konnten die Menschen nicht nur lesen, was in der Welt um sie herum geschah, sondern vor allem auch hören. Alle möglichen Nachrichten wurden von spezialisierten Druckern wie etwa dem Basler Johann Schröter auf den Markt gebracht, von Strassensängerinnen und -sängern auf der Gasse oder in der Beiz aufgeführt und als handliche Broschüre zum Mit- und Nachsingen an das Publikum verkauft.
Solche Liedflugschriften sind ein bisher kaum beachtetes Newsgenre der Frühen Neuzeit, vor allem aber ein unglaublich reiches musikalisches Repertoire.
In Kooperation mit Dr. Jan-Friedrich Missfelder und der Universität Basel
Ivo Haun – Gesang, Laute
Baptiste Romain – Lira da braccio, Fidel, Dudelsack, Renaissancegeige
Sabine Lutzenberger – Gesang
Marc Lewon – Laute, Cister, Renaissancegitarre, Gesang; Leitung
Kolumne
Ich bin dabei!
David Fallows
Übersetzung: Marc Lewon
Im 16. Jahrhundert waren Liedflugschriften allenthalben anzutreffen: grosse Druckbögen mit einer oder zwei in (meist) erbärmliche Verse gegossenen Geschichten, manchmal mit Melodie, manchmal nur mit dem Namen einer bekannten Weise, auf die die Geschichte gesungen werden kann.
Ich kenne sie hauptsächlich aus der Sammlung des englischen Tagebuchschreibers Samuel Pepys: fünf dicke Bände in seiner Bibliothek in Cambridge. Dieser Sammlung vorangestellt ist eine sehr ungenaue handschriftliche Kopie des berühmten Agincourt-Liedes, das um 1700 auf Pergament niedergeschrieben wurde (zu dem Pepys durch seine Arbeit in der Admiralität leichten Zugang hatte). Neben dieser Abschrift befindet sich eine noch schlechtere Transkription der Musik, die Pepys selbst zur Gitarre gesungen haben sollte. Bischof Percy veröffentlichte den Text in seinen Reliques of Ancient English Poetry (1765), und ein Kollege fügte eine Notenübertragung hinzu, wobei er dachte, dass die untere Textzeile die Melodie und die Zeile darunter die Begleitung sei, und schuf damit einen der weltweit misslungensten Versuche, ältere Musik zu edieren. Charles Burney fand das so absurd, dass er eigens für seine Ausgabe (1782) nach Cambridge reiste, was angesichts der Umstände ziemlich bemerkenswert ist. Aber die erste Ausgabe aus einer anderen Quelle, d. h. aus einer Handschrift des 15. Jahrhunderts, wurde erst 1891 veröffentlicht.
Die deutschsprachigen Flugblätter kenne ich nur aus meiner Arbeit an der New Josquin Edition: Ja, sie enthält auch ein deutsches Flugblatt und ich argumentiere sogar leidenschaftlich dafür, dass es durchaus von Josquin stammen könnte (obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass mir das bislang noch niemand abgenommen hat: Josquin-Forscher sind ein misstrauischer Haufen).
Wie schön also, dass Ivo Haun, Sabine Lutzenberger, Baptiste Romain und Marc Lewon sich entschlossen haben, einige dieser Geschichten zum Leben zu erwecken. In den 1970er Jahren gab es eine englische Gruppe, die etwas Ähnliches unternommen hatte, aber seitdem habe ich nichts dergleichen gehört. Ich bin natürlich sehr gespannt, wie sie das Thema angehen werden.
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