ie geistlichen Werke von Orlandus Lassus (1532–1594) wurden zu ihrer Zeit gefeiert, und zehn Jahre nach dem Tod des Komponisten veröffentlichten seine Söhne Ferdinand und Rudolph seine 516 Motetten in einer Festschrift unter dem Titel «Magnum Opus Musicum».
Lassus war als Meister der musikalischen Darstellung von Texten bekannt, und diese Fähigkeit wurde in seinen Motetten und Psalmen mehr als in jedem anderen Genre gefeiert.
Sein zeitgenössischer Biograph Samuel Quickelberg schrieb, Lassus drücke «die Kraft individueller Gefühle aus» und schaffe es, seine Themen «fast lebendig vor den Augen» der Zuhörenden darzustellen.
Dieses Programm lässt die üppigen Klänge der Münchner Hofkapelle zu Lassus‘ Zeit wieder aufleben.
Catherine Motuz – Leitung
Federico Sepúlveda – Leitung
Frithjof Smith – Leitung
Kooperation mit der Schola Cantorum Basiliensis
Mitwirkende:
Sopran – Franziska Blömer, Míriam Trias Cañizares, Emily India Evans, Darta Paldina, Mélina Perlein-Féliers, Elizabeth Nurse
Contratenor – Tibbe Alkemade, Bård Elias Frøsland Nystøyl
Alt – Juan Manuel Diaz
Tenor – Jonathan Bötticher, Marco Cassiano, Cyril Escoffier, Jan Hofstetter, Benoît Zwingelstein
Bariton – Thibaut Guyot, Nathan Artigues
Bass – Jorge Martínez Escutia, Samuel Reid Navarro, Federico Sepúlveda
Blockflöte – Tzu-Chi Kuo, Linus Serafin Leu, Siri Löffel, Alexandra Mironova, Johanna Möri, Mirko Schacht, Akira Fukushima
Traversflöte – Jingwen Lin, Adele Mariniuk, Ayumi Matsumoto
Cornamuse – Bar Zimmermann
Schalmei – Lorenz Bozzetta, Bar Zimmermann
Zink – Tamsin Cowell, Indrė Kučinskaitė
Posaune – Martí Badia Gragés, Yuka Mitani, Luis Cortés Sahun, Steinn Völundur Halldórsson
Dulzian – Javier Caruda Ortiz
Violine – Katharina Birchmeier, Noam Lelior Gal
Viola – Elizabeth Sommers
Viola da Gamba – Tirza Albach, Maria Mascarós Molinam, Stephen Moran, Beatriz López Pas
Laute – Diego Juan Chacón Gámez, Christian Velasco, Talitha Witmer, Taiga Yamamoto
Harfe – Laura Kacl, Mélina Perlein-Féliers
Orgel, Virginal – Lorenz Bozzetta, Josef Laming
Leitung – Catherine Motuz, Federico Sepúlveda, Frithjof Smith
Der international bekannte Zinkenist Bork-Frithjof Smith, Professor an der Schola Cantorum in Basel, antwortet auf Fragen von Dr. Thomas Christ.
Thomas Christ: Lieber Frithjof, du warst schon früh mit Flöten und Trompeten vertraut: Wie kamst du zum Zink?
Frithjof Smith: Im Alter von 10 Jahren bin ich bei den Tagen Alter Musik in Herne auf den Zink aufmerksam geworden und habe dann mit 12 Jahren begonnen, neben meinen «normalen» Instrumenten auch Zink zu spielen – in einer Art autodidaktischem Selbststudium, bei dem ich aber von Martin Lubenow im Abstand von einigen Wochen, manchmal Monaten, in puncto Repertoire Unterstützung und Unterricht bekam.
TC: Der auch Cornetto oder Cornettino genannte Zink ist vielleicht nicht allen Musikliebhaber:innen vertraut, denn er verschwand in der Klassik beinahe gänzlich aus den Konzertsälen. In Renaissance und Barock hingegen spielte dieses Instrument eine stimmführende Rolle. Kannst du uns dazu etwas erzählen? Wer hat den Zink verdrängt?
FS: Darüber streiten sich die Gelehrten und die Experten sind sich uneins. Der Zink wurde auf der einen Seite von der Violine verdrängt, weil sich die Schreibweise der Komponisten im Laufe der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zugunsten der Violine veränderte.
Ein weiterer Aspekt, der häufiger in diesem Zusammenhang erwähnt wird, findet sich in den zahlreichen Pestepidemien, die allein in den Jahren 1630/31 fast ein Drittel der Bevölkerung Venedigs hinweggerafft hatte. Man kann sich pvorstellen, dass viele Zinkspieler, -lehrer und -bauer damals verstorben sind. Und das sicherlich einen gewaltigen Einschnitt in der generationenübergreifenden Weitergabe des Wissens und Könnens über den Zink darstellte.
Last, but not least trug auch der Aufstieg der Oboe Ende des 17. Jahrhunderts dazu bei, dass der Zink aus der Mode kam und nach und nach ersetzt wurde. Vom beliebten Virtuoseninstrument wandelte er sich zu einer Art Kuriosum.
TC: In seiner Krümmung erinnert das Instrument stark an ein Horn. Aus welchen Materialien werden heutige Zinken hergestellt?
FS: Von seiner Entstehungsgeschichte war der Zink sicher von Tierhörnern inspiriert. In Museen in Basel, Stuttgart, Lübeck etc. finden wir immer noch einzelne Prachtinstrumente aus Elfenbein. Diese waren aber auch historisch gesehen eine grosse Ausnahme. Heute wie damals werden Zinken in der Regel aus Obsthölzern oder auch Buchsbaum gebaut und anschliessend mit Pergament oder dünnem Leder umwickelt.
TC: Die Barockmusik erfreut sich seit einigen Jahrzehnten wieder grosser Beliebtheit und beinahe jedes Opernhaus hat nun Barockopern auf seinem Spielplan, die vor 50 Jahren noch völlig unbekannt waren. Wie erklärst du dir diesen Wandel? Und wie beurteilst du einen möglichen ähnlichen Durchbruch für die reiche Literatur der Renaissancemusik?
FS: Eine für mich nicht einfach zu beantwortende Frage, da ich kein Kulturmanager oder Theaterintendant bin. Wünschenswert wäre es auf jeden Fall, wenn die Renaissancemusik stärker vertreten ist, da aus dieser Epoche noch grosse Mengen wunderbaren Repertoires darauf warten, vom Publikum entdeckt zu werden.
TC: Der Zink ist uns aus der geistlichen, aber auch aus der höfischen Musikszene bekannt – war der Zink auch ein Volksinstrument oder liegen seine Ursprünge gar in den italienischen Dorfkulturen Italiens? War das Cornetto so quasi die Trompete des Volkes?
FS: Seine Ursprünge hatte der Zink in den Ländern nördlich der Alpen, dann wurde er nach Italien getragen, um anschliessend in veränderter Form wieder zurückgebracht zu werden. Dass der Zink eine Art Ersatztrompete war, liest man sogar in gewissen Lexika; Zink und Trompete waren aber eigenständige Insrumentenfamilien, bei denen sich das Repertoire nur äussert selten überschneidet. Im Rahmen der Stadtpfeiferensembles wurde der Zink bei städtisch-repräsentativen Anlässen, bei Hochzeiten und auch bei der Figuralmusik im Gottesdienst gespielt. Er hatte also eine wichtige Rolle im musikalischen Alltag der Menschen.
«Ich bin dabei!»
Von DAVID FALLOWS
In den vergangenen vierzig Jahren hat sich bei der Aufführung Alter Musik eine Art «Nouvelle Cuisine» durchgesetzt, bei der die Besetzung auf ein Minimum reduziert und die Textur dadurch völlig durchsichtig gehalten wird.
Dieser Trend nahm wahrscheinlich seinen Anfang mit Joshua Rifkins Argumentation, dass Bachs h-Moll-Messe für eine Aufführung durch Solisten konzipiert worden sei. Offensichtlich sparten die Interpreten auf diese Weise eine Menge Geld, und diese Mode pflanzte sich von dort aus weiter zurück zu früherer Musik. In diesem Stil habe ich mir jedenfalls selbst für eine geraume Zeit die Lieder des 15. Jahrhunderts vorgestellt. Dann aber fing ich an, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen (und zu hören).
Übersetzung: Marc Lewon
Es begann damit, dass mir klar wurde, dass einige der sehr schlicht anmutenden englischen Weihnachtslieder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die grossen Feierlichkeiten bestimmt waren, die Heinrich V. rund um den Vertrag von Troyes und seine Hochzeit mit Katharina von Valois veranstaltete. Die Musik ist nur zweistimmig gehalten, aber es waren Hunderte von Menschen anwesend. Heinrich V. hatte seine gesamte königliche Kapelle und alle Instrumentalisten mit dabei, und er setzte sie sicherlich allesamt ein, um die Wirkung der Veranstaltung zu verstärken.
Es ging weiter mit den vielen französischen Liedern des frühen 15. Jahrhunderts, die sich eindeutig an ein breites Publikum richteten und für viel grössere Ensembles geschrieben waren, als man auf den ersten Blick vermuten würde.
Genau vor diesem Hintergrund hat Catherine Motuz ihr neues Lassus-Programm konzipiert. Sie konzentriert sich auf die Motetten, die nach seinem Tod in dem von seinen Söhnen zu seinem Gedenken zusammengestellten Magnum opus musicum erstmals veröffentlicht wurden: man vermutet, dass es sich dabei um seine letzten Kompositionen handelt. Und Motuz besetzt sie in grossem Stil – so wie es der bayerische Hof nachweislich tat – unter Mitwirkung der Studierenden der Schola Cantorum Basiliensis
Ich habe den Eindruck, dass die Aufführung der Frühen Musik in diese Richtung voranschreitet, und das ist eine sehr begrüssenswerte Initiative.
Übersetzung: MARC LEWON
Aurora lucis rutilat* Magnum opus musicum, Nr. 513
Jam lucis orto sidere Regensburg, Bischöfliche Zentralbibliothek, MS A.R. 775–777 («Regensburger Bläserhandschrift»), Nr. 85
Inclina Domine aurem tuam* Magnum opus musicum, Nr. 511
Ecce quam bonum* Magnum opus musicum, Nr. 503
Timor et tremor Magnum opus musicum, Nr. 458
Domine quid multiplicati sunt* Magnum opus musicum, Nr. 515
Bone Jesu verbum Patris* Magnum opus musicum, Nr. 491
Salve Regina* Magnum opus musicum, Nr. 363
Magnificat Octavi Toni, Aurora lucit rutilat aus: Iubilus beatae virginis, hoc est centum Magnificat […]
(Nikolaus Heinrich: München 1619), Nr. 100
Laudabit usque ad mortem* Magnum opus musicum, Nr. 501
Laudate Pueri Dominum Magnum opus musicum, Nr. 480
Musica Dei donum Magnum opus musicum, Nr. 471
Laudate Dominum omnes gentes Magnum opus musicum, Nr. 516
* = Stücke, die zum ersten Mal in Magnum opus musicum gedruckt wurden.
kursiv = instrumental
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
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Haus zum Kirschgarten
Historisches Museum Basel
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Basel, Martinskirche
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