hren Siegeszug begann die Laute in Europa bereits im 15. Jahrhundert, gewann im 16. Jahrhundert aber schliesslich den Rang als «Königin der Instrumente» und brachte in dieser Zeit in allen europäischen Landen namhafte Virtuosen hervor.
2025 jährt sich der Geburtstag von Luys Milán, dem spanischen Meister der Laute und Vihuela, zum 525. Mal; und der Lautenist Vincenzo Galilei, Lautenist und Vater des noch berühmteren Galileo Galilei, wird just 500 Jahre alt – Anlass genug für eine neue Auflage des «Basler Lautenparcours». Mit den Lautenduos von Wolff Heckel, publiziert vor fast genau 470 Jahren, setzen wir noch einen obendrauf und präsentieren diese Repertoires mit vier Spielern in 3 verschieden Räumen des Historischen Museums im Haus zum Kirschgarten.
*Bitte beachten Sie, dass das Haus zum Kirschgarten nicht barrierefrei ist und über keinen Lift verfügt. Einige Stationen des Lautenparcours finden auf den oberen Etagen statt und sind nur über Treppen zugänglich.
Julian Behr – Laute
Xavier Díaz-Latorre – Vihuela
Orí Harmelin – Laute
Marc Lewon – Laute; Organisation
UPDATE 27. März: Ausverkauft! Im Falle von Absagen könnten noch einige wenige Plätze verfügbar sein.
FALLS Sie ein Ticket haben, das Sie nicht benötigen, bitte kontaktieren Sie info@rerenaissance.ch.
Mit Anmeldung – Kollekte
Haus zum Kirschgarten
Elisabethenstrasse 27, Basel
Horizontale Sonnenuhr in Lautenform, Süddeutsch, 2. Hälfte 16. Jahrhundert. Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstkammer
Anlässlich des zweiten ReRenaissance-Lautenparcours antwortet der spanische Lautenist und Gitarrist Xavier Dìaz-Latorre auf Fragen von Dr. iur. Thomas Christ.
Xavier Dìaz-Latorre ist seit September 2024 Professor für Lauteninstrumente an der Schola Cantorum Basiliensis.
TC: Wie üblich, erlaube ich mir eine Frage zu Ihrem Werdegang – von namhaften Musikern höre ich von den bedeutenden Konservatorien in ihrer Heimatstadt Barcelona. Was führt einen spanischen Gitarristen nach Basel, wo Sie 1993 Ihr Gitarrenstudium an der hiesigen Musikhochschule abgeschlossen haben?
XD: Zwar gab es in Barcelona sehr gute Professoren für klassische Gitarre, aber in den 90er-Jahren gab es praktisch kein Angebot für Gitarrist:innen, die sich für Alte Musik interessierten. Als ich 18 Jahre alt war, lernte ich Hopkinson Smith in einem Kurs an der Luthier-Schule in Barcelona kennen, und von da an wusste ich, dass das genau das war, was ich machen wollte.
XD: Damals, ohne Internet, ohne E-Mails und ohne Menschen in meiner Umgebung, die viel über die Laute wussten, musste der Übergang zur Laute langsam erfolgen. Sobald es meine finanzielle Situation erlaubte, trat ich der Gitarrenklasse von Oscar Ghiglia in Basel bei, wo ich nicht nur viel von diesem grossartigen Meister lernte, sondern auch Hopis Klasse näherkam. Nach Basel zu kommen, um Gitarre zu studieren, war der notwendige Schritt, um schliesslich den endgültigen Schritt zur Schola Cantorum zu machen.
TC: Der Laie nimmt die akustische Gitarre eher als intimes Instrument wahr, dennoch haben Sie sich auch erfolgreich dem Studium der Orchesterleitung gewidmet. Können Sie uns etwas über diesen musikalischen Brückenschlag erzählen?
XD: Historische Zupfinstrumente haben viel Intimes an sich. Die klassische Gitarre öffnet sich heutzutage jedoch immer mehr. Ich wollte Musik aus einer umfassenderen Perspektive verstehen als nur aus der des Instrumentalisten und interessierte mich (und interessiere mich noch immer) für das Dirigieren von Chor und Orchester.
Ich denke, dass das Studium der Dirigierkunst ein gutes Werkzeug ist, um Musik zu verstehen, ohne sich um die physische Ausführung eines Instruments kümmern zu müssen. Ausserdem glaube ich, dass eine direkte Übertragbarkeit auf die Musik möglich ist, die auf der Gitarre gespielt wird, da wir oft Stücke spielen, die wiederum versuchen, orchestrale Texturen nachzubilden. Jede Annäherung in diese Richtung hilft uns, die Musik, die wir spielen, viel besser zu verstehen.
TC: Vielleicht passend zur letzten Frage: Sie sind mit Ihrem Instrument prominent in die Welt der Barockoper eingetaucht und haben da nicht nur Musik für das Theater gespielt, sondern auch komponiert oder arrangiert. Können Sie uns dazu mehr erzählen oder gar die Frage beantworten, ob ein Lautenist auch ein wenig singen können muss?
XD: Um mit der letzten Frage zu beginnen: Ich glaube, dass jede:r Musiker:in vom Singen profitiert. Seit jeher haben Instrumente die menschliche Stimme nachgeahmt und versucht, eine gesangliche Phrasierung zu entwickeln. Ich denke nicht, dass jeder von uns eine Stimme haben muss (oder haben kann), die sich für öffentliche Auftritte eignet, aber definitiv ist Singen für jeden Musiker von Vorteil. Und wenn Sie mich fragen – auch Tanzen. Phrasierung, Rhythmusgefühl und harmonisches Verständnis sind meiner Meinung nach drei der grundlegenden Qualitäten eines Musikers.
Ich bin in den 90er-Jahren durch René Jacobs in die Welt der Oper eingetaucht und hatte sechs bis sieben Jahre lang eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Genre. Danach entschied ich mich, dieses Format beiseitezulegen und nur gelegentlich an einigen Produktionen teilzunehmen.
Während meiner Zeit an der ESMUC (Escola Superior de Música de Catalunya) leitete und produzierte ich selbst einige Opern im akademischen Umfeld. Besonders hervorzuheben sind Monteverdis L’Orfeo, Purcells Dido & Aeneas, Blows Venus & Adonis und Duróns Selva Encantada de Amor, unter anderen.
Vokalmusik hat für mich eine besondere Dimension und meine Interessen gehen über die Oper hinaus, der ich derzeit wenig Aufmerksamkeit schenke. Ich interessiere mich besonders für die Renaissance-Polyphonie, Madrigale, solistische Musik des frühen italienischen Barocks und spätmittelalterliche polyphone Lieder. Ich bewege mich langsam rückwärts in der Musikgeschichte. 🙂
Was die Komposition für das Theater betrifft, so erhielt ich vor etwa zehn Jahren eine Einladung von der Fundación Siglo de Oro in Madrid, um den Klangraum eines neu entdeckten Theaterstücks von Lope de Vega zu gestalten. Seitdem pflege ich eine enge Zusammenarbeit mit dieser wunderbaren Theatergruppe, für die ich Werke von Lope und Shakespeare vertont habe. Es sind bescheidene Beiträge, aber sie bereiten mir grosse Freude.
TC: Wir versuchen beim Forum für Frühe Musik das Publikum auf die weitgehend unbekannten Schätze der Musikwelt vor 1600 aufmerksam zu machen, grenzen uns also zeitlich von der bekannten Barockszene ab. Beginnt der spanische Barock mit dem Siglo d’Oro schon etwas früher als im restlichen Europa oder was sind die Besonderheiten der spanischen Renaissance oder des Barock?
XD: Tatsächlich bezieht sich der Begriff Siglo de Oro bereits im 16. Jahrhundert auf die spanische Literatur. Das Siglo de Oro umfasst eigentlich zwei Jahrhunderte, das 16. und das 17. Jahrhundert. Eine der grossen Veränderungen beim Übergang von den Prinzipien der Renaissance zur Barockmusik ist die Abkehr vom Palestrina-Kontrapunkt zugunsten harmonischer Strukturen. Die Erfindung des Basso Continuo entwickelte sich zunächst in Italien.
Ich habe keine genaue Antwort auf die Entstehung der Oper in Spanien, da eine opernähnliche Form erst Mitte des 17. Jahrhunderts unter dem Namen Zarzuela entstand – benannt nach dem Jagdpavillon des Palacio de la Zarzuela, wo diese Werke zur Unterhaltung des Adels aufgeführt wurden. Die Texte wurden dabei entweder rezitiert oder gesungen. Die Opernform mit Da-Capo-Arien kam einige Jahrzehnte später aus Italien nach Spanien.
Die auffälligste Eigenschaft der spanischen Musik der Renaissance und sogar des 17. Jahrhunderts ist für mich ihre Schlichtheit. Sie spiegelt in gewisser Weise die strenge, ernste Religiosität Spaniens wider. Die grosse Musik von Victoria, Morales und Guerrero sowie anderer bedeutender Komponisten von Polyphonie aus Sevilla hatte einen erheblichen Einfluss auf die mehrstimmige Struktur der Instrumentalmusik. Die Musik von Narváez erinnert mich hingegen an den Kontrapunkt von Josquin, während Miláns Musik eine etwas improvisiertere, sehr inspirierte, aber möglicherweise weniger perfekte kontrapunktische Struktur aufweist. Mudarra hingegen verbindet für mich die spanische Polyphonie besonders mit Guerrero.
TC: Die Barockmusik und insbesondere die Barockoper erlebte in den letzten Jahrzehnten einen regelrechten Performance-Schub, jedes Opernhaus inszeniert heute mit grossem Erfolg Singspiele aus dem frühen 17. Jahrhundert. Demgegenüber fristet die Musik vor 1600 selbst am Radio ein Nischendasein. Wie beurteilen Sie die Entwicklung dieser reichhaltigen und vielfältigen – noch zu entdeckenden – Musikszene der Renaissance?
XD: Je weiter ein historischer Zeitraum von uns entfernt ist, desto schwerer fällt es uns, die Musik oder ihre Interpretation zu verstehen. Eines der grössten Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, ist die fehlende Kontextualisierung. Wir sind Gefangene der Konzertform, die sich im 19. Jahrhundert entwickelte. Das führt dazu, dass Lautenkonzerte in Räumen stattfinden, die eigentlich für moderne Instrumente und Besetzungen bestimmt sind. Die Musik vor 1600 benötigt intime Räume und innovative Aufführungsformate.
Daher möchte ich die Initiative von ReRenaissance ausdrücklich loben, die in ihrem März-Event drei kurze, parallel laufende Konzerte anbietet. So kann das Publikum an allen drei Aufführungen teilnehmen, und jeder Künstler spielt dreimal eine 20-minütige Auswahl der hochwertigsten Musik.
Wir brauchen mehr mutige Initiativen wie diese. Das Publikum wird es zu schätzen wissen.
von David Fallows
Auf den ersten Blick haben wir es nur mit drei kurzen Lautenkonzerten zu tun. Bei näherer Betrachtung gibt es jedoch viel Neues zu entdecken.
Zunächst einmal findet alles im Haus zum Kirschgarten statt – einem Museum, das ich noch nie besucht habe, obwohl ich schon seit vielen Jahren in Basel lebe.
Zweitens wird bei einem der Konzerte Musik aus den Lautenbüchern von Wolff Heckel gespielt: zwei Bände, die 1556 gleichzeitig gedruckt wurden (und sechs Jahre später beide neu aufgelegt wurden) und nicht weniger als vierzig Werke für zwei Lauten enthalten. Ich kenne dieses Repertoire seit Jahren und habe es sogar für meine Ausgabe von Josquins vierstimmigen Liedern verwendet, aber bis heute habe ich noch keine einzige Note davon gehört, sodass ich darauf besonders gespannt bin (und ich werde vielleicht ein wenig schummeln und mir das Konzert mehr als einmal anhören, um das Ereignis voll auszukosten).
Drittens feiern wir den 500. Geburtstag von Vincenzo Galilei, einem der beliebtesten italienischen Lautenkomponisten.
Viertens begrüssen wir den neuen Lautenprofessor an der Schola Cantorum, Xavier Díaz-Latorre, der ein Programm mit spanischer Vihuelamusik spielt, darunter Werke von Luys Milán, Narváez und (mein persönlicher Favorit) Mudarra. Das sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen.
ERDGESCHOSS (Start A)
«Duos aus dem Hause Heckel», Julian Behr & Marc Lewon;
Quelle: Wolff Heckel (c1515–1562): Lautten Bůch von mancherley schönen vnd lieblichen stucken mit zweyen Lautten zů samen zuschlagen […], Strassburg: Urban Wyss, 1556 Alle Editionen: Marc Lewon
Die mit * markierten Stücke finden sich auch im Tenorstimmbuch des Lautenduo-Drucks von Hans Jacob Wecker: Lautenbůch vonn mancherley schönen vnd lieblichen stucken mitt zweyen lauten zůsamen zů schlagen, Basel: Ludwig Lück, 1552
1. ETAGE (Start B)
«Libro de Retratos Verdaderos» – Das Buch der wahren Porträts, Xavier Díaz-Latorre;
Das erste Porträt
Luys Milán (c1500–c1561): Libro de Música de vihuela de mano. Intitulado El maestro, Valencia: Francisco Díaz Romano, 1536
Das zweite Porträt
Luis de Narváez (c1500–nach 1549): Los seys libros del Delphín de música, Valladolid: Diego Hernãdez de Cordova, 1538
Das dritte Porträt
Alonso Mudarra (c1510–1580): Tres libros de música en cifras para vihuela, Sevilla: Juan de León, 1546
7. Diferencias über die Romanesca: O guárdame las vacas – Mudarra: Tres libros, fol. 17r–18r & Improvisation über die Portugiesische Folia: Não tragais borzeguis pretos
2. ETAGE (Start C)
«Eppur si muove» … und sie bewegt sich doch!, Orí Harmelin;
Quelle: Vincenzo Galilei (1520–1591): Fronimo Dialogo […] nel quale si contengono le vere et necessarie regole del Intavolare la Musica nel Liuto, Venedig: Girolamo Scotto, 1584
Basel, Martinskirche
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel
Karton und/oder online