Frisch gezwickt

Ein Basler Lautenparcours
So 30.10.22 16–17/18–19h Apero 17–18h

Klein- und Grossbasel
Haus zum Hohen Dolder

Ein Basler Lautenparcours

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eRenaissance lädt mit vier Kurzprogrammen von vier Basler Lautenisten zum Wandelkonzert in vier Konzerträume von Gross- und Kleinbasel! Und zur Pause im Wechsel zwischen Gross- und Kleinbasel gibt es Gesellschaft mit Apero/Kaffee und Kuchen im originalen Renaissanceraum zum Hohen Dolder in der St. Alban-Vorstadt. Für einmal verlässt ReRenaissance die angestammte Barfüsserkirche und lädt jeweils einen kleinen Zuhörerkreis ein, in eine «Kammer» zu lauschen und am intimen Rahmen teilzuhaben.

Ein Rundgang durch die vier Stationen lässt das Klangspektrum eines der beliebtesten Instrumente der Renaissance erfahren: die plektrumgespielte Laute des 15. Jahrhunderts ebenso wie die fingergezupften (oder im Jargon der Zeit: «gezwickten») Lauten des 16. Jahrhunderts. Dabei werden Solo-Lautenstücke aus Quellen des späten 15. bis späten 16. Jahrhunderts interpretiert, die häufig einen Bezug nach Basel aufweisen.

Organisiert in 4 verschiedenen Touren für je max. 50 Personen. Ein Tourguide begleitet Sie  von dort aus durch die verschiedenen Stationen.

Marc Lewon, Bor Zuljan, Peter Croton, Ziv Braha – Laute
Leitung: Marc Lewon

Eine Beschreibung der Geschichte des Hauses zum Hohen Dolder finden Sie im Ausklapper «Texte und Geschichte».

Bild aus Lautentabulatur UB Basel F IX 39, 1575

Video

«Frisch gezwickt»

VLOG zu «Frisch gezwickt» –The Basel Lute Parcours/AbsoLuteLy

Oktober 2022 Mit Grace Newcombe und Marc Lewon

 

Frisch gezwickter Teaser

«Myn trud gheselle» aus der Wolfenbütteler Lautentabulatur

Interview

Interview mit Peter Croton

Thomas Christ spricht mit dem Lautenisten Peter Croton, Dozent für Laute, Romantische Gitarre und Generalbass an der Schola Cantorum Basiliensis und an der Musikhochschule in Bern. Präsident der Deutschen Lautengesellschaft

TC: Lieber Peter Croton, wir freuen uns, den bekannten Lautenisten und Autor Peter Croton zu unserem Oktober Interview einzuladen. Die erste Frage: Wie kommt man von der Gitarre in einer amerikanischen Jazz-Formation zu Laute der frühen Musik Europas? Man erfährt aus Ihrem Lebenslauf, dass Sie in den USA bereits als Jugendlicher Bühnenerfahrung gesammelt haben, und zwar als Sänger und als Folkgitarrist.

Peter Croton © Susanne Drescher

PC: Ich spüre keine Grenzen zwischen verschiedenen Stilen, sondern eher verschwimmende Konturen: Alte Musik, E-Musik (mit Ausnahme der atonalen Musik), Volksmusik, Jazz und Filmmusik haben alle den gemeinsamen Nenner, dass Harmonie und Melodie und das Wechselspiel zwischen Konsonanz und Dissonanz die menschliche Seele berühren und sie zu verschiedenen «Leidenschaften» wie Freude, Liebe, Angst, Melancholie, Sehnsucht usw. bewegen. Der Weg von der Jazzgitarre zur Alten Musik war kurz: Bei beidem geht es darum, sich selbst und andere durch das Wunder der akustischen Schwingungen zu bewegen, wobei die Improvisation eine grosse Rolle spielt.

TC: Der frühe Kontakt mit der Welt des Jazz führt mich zur Frage des Improvisierens, eine Kunst der Frühen Musik, die in der Klassik kaum mehr gefragt ist. Ist diese Disziplin heute etwas in Vergessenheit geraten? Oder wird das Improvisieren an der SCB noch gepflegt aber im Konzertsaal kaum mehr angeboten?

PC: Die Improvisation war in der Renaissance- und Barockmusik ebenso verbreitet wie heute im Jazz. Obwohl viele grosse Komponisten der E-Musik bis ins 19te Jahrhundert noch als Improvisatoren bekannt waren, ist diese Tradition heute weitgehend verloren gegangen. Aufführungen früherer Musik im 21sten Jahrhundert enthalten jedoch häufig Improvisationen, nicht zuletzt die Kunst des Basso continuo (die Erstellung einer vollständigen Begleitung aus einer Basslinie) lebt von der Improvisation. Die Schola Cantorum Basiliensis ist eine führende Kraft bei der Erforschung aller Aspekte der Improvisation in der Alten Musik.

TC: Sie haben vor wenigen Jahren (2015/6) Handbücher, Lehrgänge zum Gitarren-, Lauten- und Theorben-Spiel verfasst. Vielleicht können Sie uns etwas über die historischen Quellen erzählen. Wieviel lernen wir aus Bildern, wieviel aus didaktischen Beschreibungen?  – Tonquellen existieren ja nicht …

PC: Wir müssen frühe Quellen wie Schriften und Ikonographie studieren, obwohl didaktische Bücher im modernen Sinne kaum existieren. Es ist jedoch eine riesige Menge an Informationen verfügbar, und obwohl wir nie genau wissen werden, wie die Musik gespielt wurde, können wir uns dem Verständnis der Prioritäten dieser Zeit annähern. Ein Schlüssel zur Aufführung von Musik der Barockzeit ist der rhetorische Ausdruck. Die Art und Weise, in der dies umgesetzt wurde, variierte von Epoche zu Epoche und von Ort zu Ort, aber ungeachtet der Unterschiede im nationalen Stil war die Rhetorik die treibende Kraft.

TC: Sie sind auch als Komponist tätig und vertonen Texte von Shakespeare – orientieren Sie sich da an Kompositionsmustern der Spätrenaissance? Gibt es Vorbilder?

 PC: Ich habe viele Lieder in verschiedenen Stilen geschrieben, beeinflusst von Folk, Jazz, Alter Musik und moderner Klassik. Meine Shakespeare-Vertonungen zum Beispiel sind in einem modernen klassischen Stil geschrieben, aber von der textorientierten Priorität des Frühbarocks beeinflusst.

TC: Die Welt der Barockmusik erfreut sich – auch auf den Opernbühnen – seit einigen Jahrzehnten grosser Beliebtheit. Demgegenüber pflegt die überaus reichhaltige Musik der Renaissance eher noch ein Nischendasein. Ist diese Musik zu leise, zu intim, zu kontemplativ, zu fremd – haben Sie eine Erklärung dafür oder stehen der Renaissancemusik noch goldene Zeiten bevor?

Ich denke, dass die Barockmusik wegen ihrer harmonischen Ausrichtung mehr öffentliche Aufmerksamkeit erregt hat. Der Einfluss von akustischen Schwingungen auf unsere Gefühle ist eine allgemeine Erfahrung, die nicht von der Kenntnis der Harmonie oder der Rhetorik der Verbindung zu Intervallen und Akkorde abhängt. Die Barockmusik, die sich am Wechselspiel von Dissonanz und Konsonanz orientiert, spiegelt das Wechselspiel von Spannung und Entspannung, das wir im täglichen Leben erleben, gut wider. In der barocken Terminologie könnte man sagen, dass Konsonanz die Seele besänftigt und die Dissonanz sie erregt. Andererseits folgt die Polyphonie der Renaissance beispielsweise strengen Regeln, die die rhetorische Wirkung von Spannung und Entspannung und den Ausdruck des Textes einschränken. Ausserdem gibt es eine moderne Tradition, die Musik der Renaissance in einer ziemlich ruhigen Weise aufzuführen. Ich glaube, dass die Musik der Renaissance ein grösseres Publikum finden wird, wenn wir den ihr innewohnenden Ausdruck besser verstehen.

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Kolumne

«Ich bin dabei … » von Prof. Dr. Martin Kirnbauer zu «Frisch gezwickt», Okt 2022

Lange vor der Erfindung tragbarer Abspielgeräte (je nach Alterskategorie hier einzusetzen: Kofferradio, Walkman, MP3-Player oder Handy mit Spotify-Abonnement) war es ab der Mitte des 15. Jahrhunderts vorzüglich die Laute, die Musik für jedermann transportabel machte ( – für Frauen hingegen scheint eher ein sperrigeres Tasteninstrument angemessen gewesen sein, was sie auch besser ans Haus band).

Gerade in Basel hat sich eine grosse Anzahl von handschriftlichen Aufzeichnungen mit Lautenmusik erhalten, die aus dem Besitz und meist auch dem Gebrauch von bekannten Basler Familien wie Amerbach, Platter, Iselin und Wurstisen stammen. Vom jungen Felix Platter gibt es auch die schöne Anekdote, dass er, als er 1551 beim Lautenspiel im Wirtshaus ertappt und deswegen ermahnt wurde, «es were weger, es larte einer, daß ihm ander leut hofieren mießte» (es wäre besser, er würde lernen, dass ihm andere vorspielen müssten), keck antwortete: «eß ist aber lustig, wans einer selbs auch kann».
Besonders reizvoll beim Basler Lautenparcours ist, dass die «Laute in Bewegung» eine ungewöhnliche Begegnung mit dieser Musik in sonst selten zugänglichen Räumen ermöglicht – allerdings dürfen wir Zuhörende uns bewegen, während die Lautenisten am Ort bleiben müssen …

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Programm

Programmbooklet Oktober 2022

Laienrefektorium (Waisenhausareal) – Marc Lewon

Der Lautenschlager

Fünfchörige Plektrumlaute (Richard Earle, Basel 1982):

1. Ich klag, ich klag – Oswald von Wolkenstein (1376–1445)
Intavolierung für 5chörige Plektrumlaute: M. Lewon

2. Myn trud gheselle – anonyme Intavolierung des Liedes «Mein traut geselle»
Wolfenbüttel, Niedersächsisches Landesarchiv-Staatsarchiv, Cod. VII B Hs Nr. 264 («Wolfenbütteler Lautentabulatur», Braunschweig c1460), fol. Av 

3. Ich far dohin – anonym
Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, MS Mus. 40613 («Lochamer-Liederbuch», Nürnberg c1450), S. 9
Ich fare do hyn wen eß muß syn – anonyme Intavolierung
Wolfenbütteler Lautentabulatur, fol. Bv 

4. La doulce amour – anonyme Basse danse (Arr. M. Lewon)
Tenormelodie: Brüssel, Koninklijke Bibliotheek / Bibliothèque royale, MS 9085 («Tanzbüchlein der Margarete von Österreich»), fol. 20r 

Sechschörige Plektrumlaute (Stephen Gottlieb, London 2001):

5. Der winter will hin weichen – anonym
Lochamer-Liederbuch, S. 6–7 

6. Patientia ognun me dice – Joan Ambrosio Dalza (tätig um 1508)
Joan Ambrosio Dalza: Intabolatura de lauto libro quarto, Venedig: Petrucci (1508), fols. 54r–55v 

7. De Tossbiens – anonyme Bearbeitung der Chanson «De tous biens plaine» von Hayne van Ghizeghem
Fribourg, Bibliothèque cantonale et universitaire (CH-Fcu), Cap. Rés. 527 («Lautentabulatur des Peter Falk», Fribourg c1513), fol. V3 & V6 

8. Calata ala spagnola – Joan Ambrosio Dalza
Intabolatura de lauto, fol. 50

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Sternensaal (St. Alban-Tal, St. Alban-Rheinweg 70) – Bor Zuljan 

Von Basel zur Improvisation mit Halt in Brugg 

1. Præludium – anonym
Basel, Universitätsbibliothek, F.IX.56, («Lautentabulatur des Bonifacius Amerbach (1495–1562)», c1521–25), fol. 1r–v 

2. Fantasia – Improvisation 

3. Passamezzo & Saltarello ala Bolognesa – Improvisation 

4. Fantaisie – Improvisation 

5. Mille regretz – Josquin des Prez (c1450/55–1521) / Jean Lemaire (c1473–1514) / Improvisation 

6. Fantaisie – Improvisation 

7. Ein Baß – anonym
Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin, Preussischer Kulturbesitz, Musikabteilung, Mus.ms. 40588 («Tabulatur des Salomon Kesler zu Brugg», 1552), S. 3 

8. Hastu mich genommen – anonym
Tabulatur des Salomon Kesler zu Brugg, S. 2 

9. Fantaisie – Improvisation 

10. Ami souffre que je vous aime – Pierre Moulu (c1484–c1550) / anonym
Lautentabulatur des Bonifacius Amerbach, fol. 1r 

11. Das far ins höuw – anonym
Tabulatur des Salomon Kesler zu Brugg, S. 4

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Zunziger Mühle (St. Alban-Tal 37) – Ziv Braha 

Die Tabulaturen des Ludwig Iselin 

Quelle: Basel, Universitätsbibliothek, F.IX.23 («Tabulatur des Ludwig Iselin (1559–1612)», 1575) 

Siebenchörige Laute (Mathias Durvie) 

1. Exercitium – fol. 6r 

2. La Cara Cossa – fol. 16r 

3. Hof tantz [Schwarz Knab] / Nachdantz – fols. 13v–14v 

4. Was woll wir vff den abent thon / Nachdantz – fol. 15r–v  

5. Der tag der ist so freidenrich – fols. 17v–18r 

6. Galliarda – fol. 17r 

7. Joseph, lieber Joseph min – fol. 18r–18v 

8. Chi passo per questa strado – fol. 16v 

9. Rosina tantz / Tripla – fol. 19r–v 

10. Die meidlein von blofelden tantz / Nachtantz – fols. 20v–21r 

11. Passo e mezo [moderno] Vngaro – fols. 19v–20r 

12. Auß dieffer not – fol. 21v 

13. Dancket dem herrn – fol. 22r 

14. Passo e mezo / Saltarello sua – fols. 23v–25r

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Rhyblick (Waisenhausareal) – Peter Croton 

Emanuel Wurstisen und seine Sammelleidenschaft 

Hauptquelle: Basel, Universitätsbibliothek, F.IX.70 («Tabulatur des Emanuel Wurstisen (1572–1616)», 1591–95) 

Originalinstrument (Michielle Harton, Padua 1594), restauriert zu einer zehnchörigen Laute (Johannes Georg Houcken, Erkelenz 1994) und mit Einklebezettel: «Josephus Joachimus Edlinger me reparavit Pragæ An: 1736». 

1. Preambel – Hans Newsidler (1508–1563)
Hans Newsidler: Ein Newgeordent Künstlich Lautenbuch, In zwen theyl getheylt. Der erst fur die anfahenden Schuler, Nürnberg 1536a, fol.s4r 

2.Præludium – Hans Gerle (c1500–1570)
Tabulatur des Emanuel Wurstisen, S.9d (aus: Hans Gerle: Tabulatur auff die Laudten, Nürnberg 1533, fol.9v) 

3. Passomezo – Wojciech Długoraj (1557/58–nach 1619)
Tabulatur des Emanuel Wurstisen, S.145a (Konkordanz in: Leipzig, Musikbibliothek, II.6.15 von 1619) 

4. Hie folget ein welscher tantz Wascha mesa / Der hupff auff – Hans Newsidler
Ein Newgeordent Künstlich Lautenbuch […] Der erst [Teil], fols.t1r–t2r 

5. Præambulum – anonym
Tabulatur des Emanuel Wurstisen, S.13a 

6. Bella Gagliarda – Diomedes Cato (1560/65–1627/28)
Tabulatur des Emanuel Wurstisen, S.304b 

7. Volte – Julien Perrichon (1566–c1600)
Tabulatur des Emanuel Wurstisen, S.283e

8. Fantasia – Matthäus Waissel (c1535/40–1602)
Tabulatur des Emanuel Wurstisen, S.51 

9. Fantasia – Francesco da Milano (1497–1543)
Tabulatur des Emanuel Wurstisen, S.41a (Arthur J. Ness: The Lute Music of Francesco Canova da Milano, Harvard University Press, Cambridge, Massachusetts 1970; Ness84) 

10. Fantasia – Francesco da Milano
Ness 51 

11. Fantasia – Francesco da Milano
Ness40 

12. Der Englisch Roland (= Lord Willoughby’s Welcome Home)
Tabulatur des Emanuel Wurstisen, S.331b 

13. The flatt paven / Galliard to the Flatt Paven – John Johnson (tätig 1579–1594)
Cambridge, University Library, Dd 2.11, fols.87r & 1v 

Text & Geschichte

Das historische Haus Zum Hohen Dolder (Text von Dr. Thomas Christ)

Beim Basler Gesellschaftshaus zum Hohen Dolder an der St. Alban Vorstadt 35 handelt es sich wohl um das älteste vollständig erhaltene Renaissance Gebäude der Stadt. So ist insbesondere der getäferte Saal im ersten Stock ein Schmuckstück und beliebt als Ort für Hochzeiten, Geburtstagsfeiern und Hauskonzerte.

Haus zum hohen Dolder, St. Alban Vorstadt 35

Das Haus war nie ein privates Wohnhaus und ebenso wenig ein Zunftlokal, wie viele annehmen, sondern der Sitz einer Vorstadtgesellschaft, eine Art Quartierverein, der allerdings vor 500 Jahren von der Stadt mit dem Recht der niederen Gerichtsbarkeit ausgestattet war.

Das Quartier der St. Alban Vorstadt war zu jener Zeit ordnungspolitisch in der Einflusssphäre des St. Alban Klosters im «Dalbeloch». Doch als der Prior des Klosters die Händel und Reibereien unter den Vorstadt Bewohnern nicht mehr meistern konnte, wandte er sich im Jahre 1486 an den Rat der Stadt, dieser möge für Recht und Ordnung sorgen. Es handelte sich im Wesentlichen um Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Leuten «auf dem Berg» und jenen unten am Rhein bei den Papiermühlen.

Thomas Christ

Es kam zur Einrichtung einer ersten gemeinsamen Gesellschaftsstube im Lindenturm in der Nähe des Klosters. Alle Bewohner des Quartiers waren Pflichtmitglieder der Gesellschaft, die durch einen obligatorischen Mitgliederbeitrag bezeugt werden musste. Die Gesellschaft wiederum war verpflichtet, die Brunnen sauber zu halten, auf den Stadtmauern Wachdienst zu leisten und bei Nachbarstreitigkeiten mahnend einzugreifen.

Die Stube der Gesellschaft diente im 15. und 16. Jahrhundert nicht bloss als Treffpunkt der Vorstadtmeister, sondern auch als temporäres Wirtshaus und als Spielsalon. Aus der Stubenordnung von 1492 geht insbesondere hervor, dass es unter Strafandrohung verboten war, andere zu beschimpfen, zu schlagen, das Messer gegen Mitgesellen zu zücken, Spielkarten aus dem Fenster zu werfen, Geschirr zu zerschlagen, an Feiertagen zu spielen und «böse» zu fluchen. Zu jener Zeit, also um 1500 war das ländliche Leben und so auch die Nutztierhaltung in der Vorstadt immer noch ausgeprägt und für viele Bewohner ein notwendiger Nebenverdienst.

Die Vorstadtgesellschaft – damals unter dem Namen «zum Esel» – schien aber im zugewiesenen Lindenturm wenig zufrieden zu sein und bemühte sich tunlichst ihre Zelte auf dem Berg aufzuschlagen. Aus ungeklärten Gründen zerstörte im Jahre 1492 ein Brand jenen Turm, worauf die Gesellschaft 1494 ihren Wohnsitz im Haus zu «Tolden», in der heutigen St. Alban Vorstadt 35 beziehen konnte, benannt nach dem früheren Besitzer Johannes zum Tolden.

Anfänglich wurde die Liegenschaft gemietet, 1503 konnte sie unter harten Finanzierungsauflagen zu Lasten der Gesellschafter erworben werden. Seither ist das Haus einigen Renovationen unterzogen worden, hat aber seinen Charakter kaum wesentlich verändert.

Erwähnenswert ist allerdings die Wandmalerei aus dem Jahre 1547 des aus Schaffhausen stammenden Künstlers Maximilian Wischak. Das Gemälde zeigt an der Ostwand des Saales Tells Apfelschuss», den «Rütlischwur» sowie den «Tellensprung», Szenen einer Gründungssage aus der Innerschweiz, die mit der illustren Geschichte Basels im 16. Jahrhundert nachweislich wenig zu tun haben – mit Basel als einer Stadt der Gelehrten, der Pioniere des Buchdruckes, wo Könige und Päpste verkehrten.

Es soll sich sogar um die erste Tellendarstellung der Schweiz handeln (eine Erzählung, die überhaupt erst 200 Jahre später durch das Schillersche Drama Berühmtheit erlangte).Was war der Grund für jene innerschweizerische Sympathiekundgebung? Basel hatte bekanntlich 1501 den Entscheid gefällt, der jungen Eidgenossenschaft beizutreten und sich so wenigstens politisch den Einflusssphären der grossen Herrschaftshäuser zu entziehen: die Wandmalerei wird so zu einem frühen schweizerischen Propaganda-Bild.

Galerie

2024

März

Continental Connection

Ein weiteres Gesicht der Dow-Stimmbücher
So 24.03.24 Konzert 18:15

Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel

April

Ad Narragoniam

Musik aus dem Narrenschiff
So 28.04.24 17:45 Intro 18:15 Konzert

Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel

Mai

Jouissance vous donneray

Ein Gemälde erwacht
So 26.05.24 18:15 Uhr

Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel

September

Die Bassanos

Hommage an die Blockflöte
So 29.09.24 18:15 Konzert

Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel

Oktober

Magnum opus musicum 1604

Nachruf auf Orlando di Lasso
So 27.10.24 18:15 Konzert

Martinskirche

November

Du Fay 550

Musik fürs ganze Leben
So 24.11.24 18:15 Konzert

Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel

Dezember

Nun singet

... und seid froh!
So 29.12.24 17:45 Mitsing-Workshop 18:15 Konzert

Barfüsserkirche
Historisches Museum Basel